HISTORISCHE WANDBILDER UND MURALS IN BERLIN (1965-1989)


In den 1970er Jahren entwickelte sich die Graffiti-Szene, inspiriert von der aufkeimenden Hip-Hop-Bewegung, schließlich im New Yorker Untergrund. Innerhalb weniger Monate wurde sie zu einer gigantischen Welle, die auch auf Europa überschwappte. Die Punks und der Hip-Hop brachten die Streetart in ihre Hochburgen London und Amsterdam, von wo aus sie nach West-Berlin gelangten.

Blick auf neu errichtete Häuser in der Stalinallee, Berlin-Friedrichshain, 1963

Wandfries von Walter Womacka
Haus des Lehrers, Berlin-Mitte, 1965

Auch in Ost-Berlin gab es Formen der Straßenkunst, allerdings waren die Künstler in ihrer Freiheit stark eingeschränkt und mussten sich streng an den verordneten sozialistischen Realismus halten, wie hier auf dem Wandfries von Walter Womacka aus den 1960er Jahren zu sehen. Auch in Ost-Berlin wurden politische Parolen an Häuser und Wände gemalt, die aber meist sofort von der Staatssicherheit entfernt wurden. In West-Berlin präsentiert sich die Berliner Mauer zunächst nur als riesige Leinwand, auf die ab den 1970er Jahren politische Parolen, Wandbilder und später Graffiti gemalt und gesprüht werden.


Die teilende und tödliche Berliner-Mauer, 1961-1989

Wandfries von Walter Womacka
Haus des Lehrers, Berlin-Mitte, 1965

In ihren Anfängen fand die Streetart viele Befürworter. Der Zweite Weltkrieg hatte in Berlin viele Spuren in Form von Brandmauern und Bombenblindgängern hinterlassen, die durch die Wandmalereien verdeckt werden konnten. Die Politik förderte die Streetart-Projekte in West-Berlin mit Gestaltungsprogrammen und Wettbewerben wie Kunst am Bau. Zahlreiche Künstler brachten unterschiedliche Stile und Techniken mit, das Ziel war ein aktiver Eingriff in das Stadtbild.

Ben Wagin, “Weltbaum”
Berlin-Tiergarten, 1977/2018

Alles begann mit einem stöhnenden Baum, der von heftigen Autoabgasen umgeben war. Das Umweltwerk “Weltbaum” von Ben Wagin war das erste große Wandbild, das 1977 im Westteil Berlins entstand. Aufgrund von Bauarbeiten ist es nicht mehr an seinem ursprünglichen Platz zu sehen. Deshalb wurde es im Mai 2018 an einem geeigneten Gebäude in der Lehrter Str. neu gemalt und rekonstruiert.

Gert Neuhaus, “Zipper”
Berlin-Charlottenburg, 1979

Marilyn Green, Rainer Warzecha und Christoph Böhm
“Modell Deutschland”, Berlin-Kreuzberg, 1981

Politische Parolen, die auf Hauswände gemalt oder gesprüht werden, sind seit jeher Teil politischer Bewegungen, nicht erst seit der westdeutschen Hausbesetzerbewegung der 1970er und 1980er Jahre, die sich dieses Ausdrucksmittels intensiv bedient. Besonders stark und aktiv war die Hausbesetzerbewegung in West-Berlin, wo viele Häuser ungenutzt, leer oder in sehr schlechtem Zustand waren.

Hausruine am Winterfeldplatz
Berlin-Schöneberg, 1981

Wandgemälde auf einem besetzten Haus
KuKuck, Berlin-Kreuzberg, 1982

Die Werke, die in den 1970er Jahren in West-Berlin und später in der Hausbesetzerbewegung der 1980er Jahre entstanden, hatten oft eine politische Botschaft – wie der “Weltbaum” von Ben Wagin oder das inzwischen verschwundene Wandbild “Modell Deutschland” von Marilyn Green, Rainer Warzecha und Christoph Böhm. Auch die Illusionsmalerei war sehr beliebt. Ein Beispiel ist der noch heute existierende Giebel “Zipper” des Künstlers Gert Neuhaus.

Sigurd Wendland, “Potsdamer Str. 1945”, 2. Weltkriegsbunker, Berlin-Schöneberg, 1983

Harald Juch, “Chernobyl Disaster”
Berlin-Schöneberg, 1986

Blick auf den Kurfürstendamm
Berlin-Charlottenburg, 1987

Gert Neuhaus, “Phönix”
Berlin-Charlottenburg, 1989

Illegale Untergrundkunst existierte im gegenseitigen Einvernehmen neben Auftragsarbeiten, die meist von Wohnungsbaugesellschaften vergeben wurden. Manchmal überschnitten sich die Arbeiten auch, oft verschwanden sie wieder. Mit den großen politischen Umbrüchen ab Ende 1989 hat sich in Berlin auch in Bezug auf die urbane Kunst viel verändert, aber das ist bis heute so geblieben!

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Best of Synthwave and Retroelectro, BadJays, 2016